Art is only for the rich

[Foto: Adrian Pietsch]


Die Installation Art is only for the rich blanciert auf ungemütliche Weise am Abgrund und nervt. Feierliche wie eine Festtagsgirlande in Bonbon-Farbe kommt sie fröhlich daher und leuchtet sogar im dunkeln, angestrahlt und durch eine flurosziende Farbe anziehend schön. Doch sobald man den Satz auf der Zunge zergehen lässt, schmerzt er fast, so bitter, beißend ist der Nachgeschmack mitunter.

[Foto: Stefan Beukmann]

Das Statement buhlt um Aufmerksamkeit, provoziert und möchte ironisch mit der Wimper zwinkern. Vermeintlich, denn hinter der freundlichen Spielaufforderung verbirgt sich ein komplexes Problem.

Spielen wir mit:

Es stellt sich dir Frage: Ist Kunst nur für Reiche?

Naklar und Janein. Und eigentlich will man Nein schreien! Energisch und gleichzeitig unterbewusst gehemmt ruft man also in den Raum: „Aber natürlich ist Kunst nicht nur für die Reichen!! Was ein Mist.“ Kunst kann eine universelle Sprache sein, gänzlich ohne Sprachbarrieren. Kunst appelliert an Gefühle und Emotionen, kommuniziert oft in und durch Bilder und kann so individuell erfahren werden. Was eine super Power!?! Kunst ist fantastisch, kann so nahbar, individuell und intim sein.

Und gleichzeitig gibt es da: Die Kunstwelt, die Kunstwissenschaft, ihre Codierung und die Zeit.

Ausgangspunkt 1: Kunst kann man nur erleben wenn man Zeit hat. Diese Zeit muss man sich leisten können. Hat man vier Kinder und zwei Jobs oder ist alleine erziehend mit einer Halbtagsstelle, wird es direkt eng mit dieser Zeit. Um sich in einem Museum oder einer Galerie treiben lassen zu können, bedarf es meist einer Grunddeckung der Grundbedürfnisse: Ein sicheres und ausreichendes Einkommen, genug Zeit und Muße seinen Geist los zu lassen, von Problemen die es im täglichen Alltag zu lösen gilt.

Ausgangspunkt 2: Natürlich kann man sich Kunst nur kaufen, wenn man Geld übrig hat. In dem Fall gehört Kunst zu den Luxusgütern, die man sich leisten kann und nicht zur Grundsicherung, wie Nahrung, eine Wohnung, Schulmaterialien.

Ausgangspunkt 3: Die Kunstwelt ist oft ein elitärer Verein mit Eintrittskarte. Eine Welt in der sowohl die Akteure, als auch das Publikum eine homogene und eingeschworene Gruppe bilden, die eine eigene codierte Sprache sprechen? Wenn man aber dieses kulturelle Kapital, was nötig ist um dazu zu gehören, nicht gewonnen hat, kann dieser Ort schnell befremdlich sein und die Türschwelle einer Galerie kann auf einmal riesig wirken. Leider hat das kulturelle Kapital viel mit Chancengleichheit und Bildung zu tun und dieses hängt leider in Deutschland immer noch stark vom Einkommen des Elternhauses ab.

Die Arbeit „Art is only for the rich“ provoziert und fordert so den Betrachter auf, sich mit der Thematik und Problematik der Aussage auseinander zu setzten.

Das schöne ist, die Arbeit/Girlande kann an vielen Orten hängen, auch außerhalb der etablierten Kunsträume, um so die Türschwelle zu erniedrigen und es auch ungeübtem Kunstpublikum zu ermöglichen, Teil zu werden und Kunst an überraschenden Orten im alltäglichen zu erleben.

[Art is only for the rich, 2019. Installation als Teil des Kunstprojektes "Wir arbeiten für Gentrifizierung ehrenamtlich". Foto: Adrian Pietsch][https://gentrifizierung.org/]

Zuletzt hing sie als Teil der installativen und konzeptuellen Ausstellung, als Teil des Kunstprojektes „Wir arbeiten für Gentrifizierung ehrenamtlich“ im öffentlichen Raum.